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Cannabis und evidenzbasierte Medizin - die Katze beißt sich in den eigenen Schwanz

Cannabis und evidenzbasierte Medizin – die Katze beißt sich in den eigenen Schwanz

 Oder warum Kostenübernahmen verweigert werden 

Stöbert man in Online Foren so liest man von Ablehnungsquoten von bis zu 35 %, wobei die Krankenkasse die Übernahme eigentlich nur in begründeten Fällen ablehnen darf. 

Viele Ärzte und Ärztinnen sind sich auch noch des Stigmas von Cannabis bewusst und die Angst als Cannabis-Klink verschrien zu sein, scheint groß zu sein. Laut einer Umfrage auf dem Selbsthilfenetzwerk SCM, finden weit über die Hälfte (62 % von 1224 Angaben) keinen Arzt, der bereit ist zu verschreiben. Auch sonst kollidieren oft Gesetz und Cannabis Wirklichkeit.

Aber auch wenn PatientInnen erstmal das Rezept erhalten haben, gibt es die zweite Hürde, ein Hin- und Her um die Kostenerstattung der Krankenkasse

Eigentlich sollte alles klar sein, seit der Einführung von § 31 Abs. 6 ins SGB V können Kassenärzte bei “schwerwiegenden Erkrankungen” Cannabis verordnen. In der Schweiz und Österreich gelten ähnliche Regelungen. Wirksamkeit ist dabei recht deutlich bei dauerhaften Schmerzen, Muskelkrämpfen bei MS, Übelkeit und Erbrechen in Folge einer Chemotherapie oder ungewolltem Gewichtsverlust belegt. 

Sehen Sie hier was der Neurologe, Dr. Sharon, zur Behandlung von chronischen Schmerzen mit Cannabis sagt:

Es gibt unzählige Verfahren die vor den Sozialgerichten anhängig sind und es drängt sich die Frage auf, warum das Bundessozialgericht bisher noch kaum Klarheit in wesentlichen Fragen geschaffen hat. 

Laut den drei großen Krankenkassen AOK, TK und Barmer wurden im Jahre 2018 mehr als 18.000 Anträge entschieden. In zwei Dritteln der Fälle zugunsten der Patienten. Damit werden aber ein Drittel der PatientInnen immer noch vor ein Problem gestellt, denn selbst wenn sie vor Gericht ihr Recht erstreiten, dauern die Verfahren bis zu Jahren, im Eilverfahren einige Wochen bis Monate. 

Viele Begriffe sind juristisch noch nicht geklärt, beispielsweise der Begriff der “schwerwiegenden Erkrankung, so reicht in der Regel nicht nur die Diagnose, sondern der schwere Verlauf und das Ausmaß der Erkrankung mit den gravierenden individuellen Auswirkungen müssen anschaulich gemacht werden. 

Außerdem ist nicht immer klar was eine zumutbare Therapiealternative überhaupt heisst, denn normalerweise gibt es zwar Standardtherapien, aber diese wirken nicht immer oder haben erhebliche Nebenwirkungen. 

Gibt es eine zumutbare Therapiealternative? 

Es wird also noch komplizierter, denn der Arzt oder die Ärztin muss begründen (Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 11 KR 3114/18 ER‑B) warum keine andere Therapieoption gewählt wird, Fragen die hierbei zu berücksichtigen sind: 

  • Auf welche Behandlungsleitlinie bezieht sich der Arzt?
  • Welche Therapieversuche wurden wann und wie lange unternommen?
  • Warum wurden diese abgebrochen?
  • Warum wurden diese gar nicht erst begonnen?

Aussicht auf einen Behandlungserfolg

Und nun zu einem weiteren Knackpunkt: Eine Nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf einen Behandlungserfolg muss begründet werden, dazu werden Beweise für die Wirksamkeit auf verschiedene Evidenzstufen zurückgeführt. Diese reichen von Grad I mit systematischen Übersichtsarbeiten bis hin zu Stufe V mit deskriptiven Darstellungen und Einzelfallberichten. Die Rechtslage ist jedoch auch hier kompliziert, denn die Studienlage ist aufgrund der langen Einschränkungen in der weltweiten Cannabisforschung sehr dünn. Die Dokumentation, die Ärzte zu leisten haben, ist also enorm hoch, was die Suche nach einem Arzt, der bereit ist Cannabis zu verschreiben, nicht einfacher macht.

Und trotz der schwierigen Lage bei Cannabis auf Rezept und Kostenerstattung durch die Krankenkassen, der Bedarf steigt stetig. 

Nach monatelangen Verhandlungen haben sich nun endlich Kassen und Apotheken zumindest auf neue Vergütungsregeln geeinigt. Ob sich das auf die Verschreibungspraxis auswirkt bleibt abzuwarten.

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